Sehenswürdigkeiten in Jericho
Überblick
Der Ausflug nach Jericho ist ganz bestimmt ein lohnender Besuch, wenn man Herr seiner Zeit ist und verschiedene Punkte auch mal zu Fuß ansteuert. Vielleicht sind Sie ja auch mit ihrer Reisegruppe unterwegs- dann werden Sie wahrscheinlich nur den Hügel Tell es-Sultan zu Gesicht bekommen, vielleicht das Mosaik in der Synagoge Na'aran und dürfen während einer Pause die Aussicht auf den Berg der Versuchung genießen- vom Tell es-Sultan, versteht sich. Wahrscheinlich kehren Sie noch irgendwo ein, wenn es die Zeit erlaubt. Danach braust der Bus zum Toten Meer nach Qumran und/oder Masada. So jedenfalls sieht das Besichtigungsprogramm der meisten Touristik-Unternehmen aus...
Djebel Qarantal
Ich bin inzwischen schon dreimal hier gewesen und finde jedesmal etwas neues. Was ich noch nicht gesehen habe und gerne mal besichtigen würde ist das Kloster Quarantana aus dem Ende des 19. Jahrhunderts in exponierter Lage - am Hang des Djebel Qarantal (etwa 350 m hoch), dem Berg der Versuchung. Auch die Überreste der ehemaligen Festung Dok auf dem Djebel Qarantal sind sicherlich sehenswert. Von der Hauptstraße im Tal bieten sich schöne Ansichten zum Kloster hoch und machen neugierig auf eine Besichtigung. Heutzutage führt eine moderne Seilbahn hinauf zur Bergstation (am Hang- nicht bis zur Spitze), von wo aus ein kurzer Weg zum Kloster Quarantana führt, das zur Zeit nur noch von einem Mönch bewohnt wird.
....griechisch-orthodoxes Kloster Quarantana, Höhle im Inneren des Klosters - eingebunden über Wikimedia Commons
Die Seilbahn wurde von einer Firma aus Österreich geplant und errichtet, bezahlt hat sie ein vermögender palästinensischer Geschäftsmann. An Freitagen (muslimischer Feiertag) ist die Seilbahn geschlossen! Während der Fahrt und von der Bergstation aus bietet sich ein schönes Panorama über das Tal von Jericho. In der Bergstation befindet sich ein Souvenirladen, ein Café und ein Restaurant, wo Sie sich stärken können. Im Kloster Quarantana befindet sich eine Höhle, in der nach der Tradition der griechisch-orthodoxen Kirche Jesus sich zurückgezogen haben soll, während er 40 Tage in der Wüste fasten musste und vom Teufel in Versuchung geführt wurde.
"Dann wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt; dort sollte er vom Teufel in Versuchung geführt werden. Als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, bekam er Hunger. Da trat der Versucher an ihn heran und sagte: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl, dass aus diesen Steinen Brot wird." (Matthäus 4, 1-3)
Winterpalast
An der Südseite des Wadi el-Kelt - ungefähr dort, wo die Quellflüsse aus den Judäischen Bergen münden, liegen auf einem Gipfel des Tell el-'Aqabe die Ruinen der Burg Kypros. Auch dies war eine Burg Herodes des Großen am Ausgang des Wadi el-Kelt und diente zur Überwachung der Wege östlich des Jordan bis zum Mittelmeerraum. König Herodes ließ hier in Jericho auf den Grundmauern einer Festung der Hasmonäer seinen Winterpalast errichten, in dem auch Königin Kleopatra von Ägypten und ihr Liebhaber Markus Antonius, ein römischer Politiker und Feldherr, zu Gast waren. Die deutschen Archäologen Ernst Sellin und Carl Watzinger waren zwischen 1907 - 1909 mit den Ausgrabungen am Tell es-Sultan und dem Tulul Abu el-'Alayiq (Herodespalast) beauftragt. Die ersten Ausgrabungen in diesem Gelände führte 1868 der britische General Sir Charles Warren durch. Auch die Überreste des einstigen Winterpalastes können heute besichtigt werden.
Quelle Ain es-Sultan
Die erste dauerhafte Siedlung nahe dem antiken Jericho wurde in der Nähe der Ain es-Sultan-Quelle (auch als Elishaquelle bekannt) zwischen 8000 und 7000 v. Chr. errichtet. Diese Siedlung war von Mauern umgeben, sie beinhaltete einen Tempel und besaß einen Turm mit Innentreppe. Ein paar Jahrhunderte später wurde dieser Standort für eine zweite Siedlung um etwa 6800 v. Chr. aufgegeben. Ein Grund für die Besiedlung dieses Tales war das Vorhandensein mehrerer ergiebiger Quellen, die auch schon zu Zeiten der Römer genutzt wurden. Vor ihnen baute das Geschlecht der Hasmonäer zur Zeit der jüdischen Könige die Festung Dok, die mit Wasser aus der Quelle Duk (Duyuk) versorgt wurde, das über einen 700 Meter langen Aquädukt zur Burg geleitet wurde.
Der Name der Festung soll von dieser Quelle stammen, die auch heute noch Jericho mit Wasser versorgt. Während der Regierungszeit der Römer in Palästinas bauten diese einen Aquädukt zur Versorgung ihrer hier stationierten Garnison. Die Karstquellen Ain es-Sultan, Ain al-Nuway'mia und Ain al Duyuk wurden in dieser Zeit für die Bewässerung Jerichos eingesetzt, um das Land zu kultivieren. Auch König Herodes nutzte die Quellen, um die Bäder und Pools seines Winterpalastes mit Wasser zu versorgen. Die Kreuzfahrer errichteten hier Wassermühlen, um mit Hilfe der Wasserkraft das hier angebaute Zuckerrohr zu zerkleinern und um hier Zucker zu produzieren, der nach Jerusalem abtransportiert wurde.
Wasserknappheit
Wasserknappheit ist auch heute noch ein großes Problem in dieser trockenen Gegend, vor allem im Sommer, deshalb muss mit den vorhandenen Ressourcen sparsam umgegangen werden. Zusätzlich zu den drei Quellen leiten die drei Trockenflüsse in den regenreicheren Monaten Dezember - Januar Wasser aus den judäischen Bergen in die Ebene von Jericho, das zum Teil in Becken aufgefangen wird zur Bewässerung der Felder. Der größte Trockenfluss ist das Wadi el-Kelt, das sich etwa 7 Kilometer durch das Tal von Jericho zieht und dessen Wasser in den Jordan fließt. Die Quelle Ain es-Sultan produziert 3,8 Kubikmeter (1000 Gallonen) Wasser pro Minute, das zur Bewässerung von rund 1000 Hektar Land genutzt werden kann und über mehrere Kanäle zu den Feldern geleitet wird.
Ein Teil des nichtgenutzten Wassers fließt in den Jordan. 1975 wurde das Wasser aus der Quelle Ain es-Sultan in 4 kleinen Becken gesammelt und der gesamte Bereich der Quelle harmonisch gestaltet. Der Quellenbereich kann übrigens auch besichtigt werden! Die Jahresniederschlagsmenge beträgt 160 mm und der Niederschlag findet meist zwischen November und Februar statt. Die Durchschnittstemperatur im Tal von Jericho beträgt 15 ° C im Januar und 31 ° C im August. Die hier vorhandenen klimatischen Verhältnisse sorgten schon in der Antike für die Nutzung dieses Ortes als Winterquartier. Aus diesem Grund ließ sich auch König Herodes hier seinen Palast bauen, dessen Überreste auf dem Tulul al-Alaiq besichtigt werden können.
König Herodes hatte dieses Gebiet in Jericho ursprünglich von Königin Kleopatra gepachtet, nachdem Marcus Antonius es ihr als Geschenk übergab. Nach ihrem gemeinsamen Selbstmord im Jahre 30 v. Chr. kam es unter die Kontrolle des römischen Kaiserreiches und Kaiser Augustus gewährte Herodes die absolute Herrschaft über Jericho. Nicht nur einen Palast baute der Idumäer hier sondern auch ein Hippodrom, um seine Gäste zu unterhalten. Die zahlreichen Sonnenstunden im Jahr und das Wasser aus den Quellen machen Jericho zu einem attraktiven Ort, der viel zu bieten hat, wenn die politischen Verhältnisse in Israel und den palästinensischen Gebiete dies zulassen würden.
Noch immer existieren zwei große Flüchtlingslager in Jericho, die nach der Vertreibung der Palästinenser hier 1948 entstanden sind. Es handelt sich um die Lager Aqabat Jaber und Ein Sultan bei Jericho. Während der Sommermonate ist die Wasserknappheit im Lager eine enorme Härte für die Flüchtlinge. Die im Palästinakrieg und Sechstagekrieg geflohenen und vertriebenen Palästinenser wurden in 58 Flüchtlingslagern im Westjordanland und Gazastreifen, in Jordanien, Syrien und dem Libanon aufgenommen, wo sie und ihre Nachkommen teilweise bis heute leben und vom Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten versorgt werden.
Quellennachweis:
Die Fotos "Titelfoto: Berg der Versuchung - Autor: Tango7174" - "Ain es-Sultan - Elisha's-Quelle; (2 Fotos) - Autor: Bukvoed" - "Jericho - Quelle Ain es-Sultan; Bergstation der Seilbahn; Seilbahn; Quellenauslauf; (4 Fotos) - Autor: Deror Avi" stehen unter der GNU-Lizenz [34 KB]
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