Artas - Westjordanland

Artas - Westjordanland
Artas - Westjordanland Artas (2019) - Foto: Wikimedia Commons - Autor: Bukvoed - Lizenz: s.u.



Artas Tal

Artas - Westjordanland
Artas - Westjordanland Hilma Granqvist (links) und Frauen aus Artas - Foto: Wikimedia Commons (gemeinfrei)



Artas (Arṭās) ist ein Dorf in den palästinensischen Hoheitsgebieten etwa vier Kilometer südwestlich von Bethlehem. Es gehört zum Gouvernement Bethlehem im zentralen Westjordanland. In der Ortschaft leben etwa 3600 Personen. In der Umgebung des Dorfes befinden sich einige archäologische Hinterlassenschaften von der Eisenzeit bis zur Osmanischen Zeit. Bis zum 19. Jahrhundert wurden Dorfbewohner zur Überwachung der Teiche Salomons eingesetzt.

Das Wasser aus diesen Teichen wurde nach Bethlehem und sogar bis nach Jerusalem geleitet.

In den 1920er Jahren besuchte die schwedisch-finnische Anthropologin Hilma Granqvist Artas im Rahmen ihrer Forschung über die Frauen des Alten Testaments. [1]





Kloster Hortus Conclusus

Artas - Westjordanland
Artas - Westjordanland Artas - Kloster Hortus Conclusus im Artas Tal - Palästinensisches Autonomiegebiet - Bildquelle: Wikipedia - Autor: Artas Folklore Center - Lizenz s. u.


Granqvist blieb schließlich bis 1931 in Artas und dokumentierte alle Aspekte des dörflichen Lebens. Ihre Bücher und Fotos über Artas wurden zwischen 1931 und 1965 veröffentlicht und machten den Ort zu einem der am besten dokumentierten palästinensischen Dörfer. Die Umgebung des Dorfes Artas besticht durch eine Vielfalt an Flora und Fauna in einem einzigartigen, durch seine Lage geprägten Tal. Auf der anderen Talseite liegt das Nonnenkloster Hortus Conclusus. Der Name des Klosters bedeutet soviel wie "verschlossener Garten" und wird aus einem Buch des Alten Testaments, dem Hohelied, abgeleitet.

"Ein verschlossener Garten ist meine Schwester Braut, / ein verschlossener Garten, / ein versiegelter Quell." (Hld 4,12) [1]


Artas - Westjordanland
Artas - Westjordanland Szene während des Artas Festival - Foto: Wikipedia - Autor: Ibrahim Shahin - Lizenz s.u.


Die Klosterkirche wurde an der Wende zum 20. Jahrhundert gebaut. Das Kloster ist deshalb bekannt, weil Forscher hier die Gärten des biblischen König Salomon vermuten. Im Dorf Artas gibt es ein kleines Heimatmuseum. Seit 1994 wird hier in Artas jedes Jahr ein sogenanntes Salat-Festival abgehalten- stets eine gut besuchte Veranstaltung.

Das Dorf ist ein beliebtes Ziel für Besucher aus Bethlehem, die die traditionelle Lebensweise der Palästinenser kennenlernen wollen.

Die Existenz des Klosters in der unmittelbaren Umgebung eines muslimischen Dorfes bestätigt über Jahrhunderte das friedliche Zusammenleben zwischen Christen und Moslems im Heiligen Land. [1]


Dorf Artas - Geschichte

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Artas - Westjordanland Artas - Kloster Hortus Conclusus im Artas Tal - Palästinensisches Autonomiegebiet


Arṭās oder Urṭās ist eine Ortschaft im israelisch besetzten Westjordanland. Das Gelände gehört zum Gouvernement Bethlehem der Palästinensischen Autonomiebehörde. Der Name Arṭās wird versuchsweise von lateinisch hortus „Garten“ abgeleitet. In Quellen der Kreuzfahrerzeit heißt der Ort Artasium oder iardinum Archas. Das Dorf liegt etwa 4 Kilometer südwestlich von Bethlehem am Westhang des Wādī Arṭās. Dieses Tal ist dank der gleichnamigen starken Quelle sehr fruchtbar; die Quelle war für die Wasserversorgung Jerusalems von Bedeutung.

Der persische Reisende Nāsir-i Chusrau erwähnte das fruchtbare Tal von Arṭās im 11. Jahrhundert; ansonsten wird der Ort in den muslimischen Quellen nicht genannt. Zwei Inschriften bezeugen aber, dass Arṭās in fatimidischer und mamlukischer Zeit ein wohlhabender Ort war. Im 12. Jahrhundert übereignete Anselm de Parentela den Ort Arṭās der Kirche von Bethlehem, eine Transaktion, die Papst Gregor IX. 1227 bestätigte. [1]


Osmanische Ära

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Artas - Westjordanland Brücke zum Konvent Hortus Conclusus, Artas, Westjordanland - Foto: Wikimedia Commons - Autor: Bukvoed - Lizenz: s.u.


Artas wurde im Jahr 1517 zusammen mit ganz Palästina in das Osmanische Reich eingegliedert und erschien 1596 in den Steuerregistern als Teil der Nahiya von Quds der Liwa von Quds. Es hatte 32 muslimische Haushalte. Die Dorfbewohner zahlten einen festen Betrag von 5.500 Akçe an Steuern, deren gesamte Einnahmen einer muslimischen Wohltätigkeitsstiftung zugutekamen. Das Dorf wurde während der osmanischen Zeit Berichten zufolge zweimal zerstört: zunächst zwischen 1600 und 1744 und erneut im späten 18. Jahrhundert. Bis ins 19. Jahrhundert waren die Bewohner von Artas für die Bewachung der Salomonischen Teiche verantwortlich, eines Wassersystems, das Bethlehem, Herodium und den Tempelberg (Haram al-Sharif) in Jerusalem mit Wasser versorgte. Das Dorf beherbergte traditionell ausländische und einheimische Gelehrte, darunter nicht wenige Frauen. Daher gibt es umfangreiche Forschungsarbeiten zu vielen Aspekten des Dorflebens. [1]


Artas - Westjordanland
Artas - Westjordanland Originalbeschreibung: Valley of Etam (Urtas), p. 429 in Thomson, 1859 - Foto: Wikimedia Commons (gemeinfrei)


Die Bewohner von Artas weigerten sich 1831, Ibrahim Pascha Tribut zu zahlen, unter dem Vorwand, sie seien seit Salomos Zeiten von der Abgabe befreit. Er reagierte darauf mit der Zerstörung ihrer Häuser, die sie später wieder aufbauten. 1838 beschrieben Robinson und Smith Artas als ein sunnitisch-muslimisches Dorf südlich des Wadi er-Rahib. Der Ort war bewohnt, aber viele Häuser lagen in Trümmern. Robinson fand auch viele Zeichen der Antike, darunter die Fundamente eines quadratischen Turms. Darüber hinaus bemerkte er den schönen Brunnen darüber, der viele Gärten bewässerte. Mitte des 19. Jahrhunderts kauften James Finn, der britische Konsul von Jerusalem (1846 – 1863), und seine Frau Elisabeth Ann Finn Land in Artas, um dort eine Versuchsfarm zu errichten und dort verarmte Juden aus der Jerusalemer Altstadt zu beschäftigen. Johann Adolf Großsteinbeck (1828 - 1913), Großvater des Autors John Steinbeck und sein Bruder Friedrich ließen sich dort unter der Führung von John Meshullam nieder, einem konvertierten Juden und Mitglied einer britischen Missionsgesellschaft. [1]


Artas - Westjordanland
Artas - Westjordanland Landwirtschaftlich bearbeitete Flächen unterhalb des Konvents Hortus Conclusus, Artas, Westjordanland - Foto: Wikimedia Commons - Autor: Bukvoed - Lizenz: s.u.


Als der französische Entdecker Victor Guérin im Juli 1863 die Stadt besuchte, fand er 300 Einwohner vor. Viele der Häuser schienen aus antiken Materialien gebaut zu sein. Eine offizielle osmanische Dorfliste aus dem Jahr 1870 verzeichnete 18 Häuser und 60 Einwohner, obwohl die Bevölkerungszahl nur Männer umfasste.

Im Jahr 1883 beschrieb die PEF in ihrer Studie über Westpalästina Artas als „ein kleines Dorf am Hang … mit einer ergiebigen Quelle dahinter, von der ein Aquädukt zum Jebel Furedis führte … Überreste eines Stausees namens Humman Suleiman.“ 1896 wurde die Bevölkerung von Artas auf etwa 120 Personen geschätzt. [1]


Artas - Westjordanland
Artas - Westjordanland Kirche des Klosters Hortus Conclusus, Artas, Westjordanland - Foto: Wikimedia Commons - Autor. Bukvoed - Lizenz: s.u.


Die Identifikation des Wādī Arṭās mit dem verschlossenen Garten (Hortus conclusus) des Hohenlieds (vgl. Hld 4,12 LUT) ist erstmals 1639 bei Francesco Quaresmio bezeugt, der sich dabei auf Bonifaz von Ragusa bezog.

Quaresmio schrieb: „Er heißt verschlossener Garten, (weil er) nicht künstlich, sondern von der Natur, nicht von Mauern, sondern von Bergen und Hügeln (umgeben ist).“

Mitte des 19. Jahrhunderts gründete der englische messianische Jude John Meshullam, ein Millenarist in Arṭās eine Landwirtschaftsschule, in welcher der Chrischona-Missionar Henri Baldensperger, ein Elsässer, nach 1849 kurzzeitig mitarbeitete. Die Familie Baldensperger baute sich im Ortszentrum ein Haus an der Stelle einer Kirche aus der Kreuzfahrerzeit. Der Sohn beschrieb 1913, wie er 1850 als Kind die Bauarbeiter beobachtete, die eine Wand mit Fresken, die Heilige darstellten, einrissen. Damit verschwanden alle Spuren dieser Kirche. [1]



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Blick auf das Kloster Hortus Conclusus - eingebunden über Wikimedia Commons


Britische Mandatsverwaltung

Artas - Westjordanland
Artas - Westjordanland Brücke über das Artas-Tal


Die biblisch-marianische Symbolik des Hortus conclusus veranlasste auch römisch-katholische Organisationen im 19. Jahrhundert, sich im Wādī Arṭās niederzulassen. Mariano Soler, Erzbischof von Montevideo (Uruguay), erwarb anlässlich einer Heilig-Land-Pilgerreise 1885 ein Stück Land, auf dem eine Marienkirche und ein Frauenkloster erbaut wurden. 1901 trafen neun Ordensfrauen der Kongregation Figlie Mariae Hortus aus Montevideo hier ein.

Unter britischer Mandatsverwaltung wurde nach einem besonders trockenen Winter im Mai 1925 ein Teil des Wassers von Arṭās zur Versorgung von Jerusalem umgeleitet. Die Dorfbevölkerung sah ihre Landwirtschaft dadurch gefährdet und warf der Mandatsverwaltung vor, parteiisch zugunsten der in Jerusalem ansässigen Zionisten zu sein. Der Arṭās-Wasserkonflikt wurde 1926 vom Privy Council in London verhandelt. [1]


Hilma Granqvist

Hilma Granqvist (1890 - 1972)
Hilma Granqvist (1890 - 1972) Finnlandschwedische Anthropologin - Foto: Wikimedia Commons (gemeinfrei)


Die Anthropologin Hilma Granqvist (1890 - 1972) führte ab 1925 Feldstudien zum Alltagsleben der Dorfbevölkerung von Arṭās durch. Sie wählte Arṭās, weil sie hier bei der Missionarstochter Louisa Baldensperger ein Quartier fand. Granqvist war sich der „biblischen Gefahr“ bei ihrer ethnographischen Arbeit bewusst; anders als die meisten Palästinaforscher wollte sie das Leben der zeitgenössischen arabischen Bevölkerung erfassen. So beschrieb sie, wie Wellblechdächer beim Hausbau an die Stelle der traditionellen Steinkuppeln traten, wie Männer aus Arṭās auf Arbeitssuche nach Amerika auswanderten und die ersten Autos im Dorf auftauchten. [1]


Artas heute

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Artas - Westjordanland Moschee von Artas - Foto: Wikimedia Commons - Autor: Jadallah Al-Hakim – Lizenz: s.u.


In direkter Nachbarschaft zu Arṭās befindet sich die israelische Siedlung Efrat. Die Zivilverwaltung von Judäa und Samaria legte der israelischen Regierung Ende 2018 Pläne für eine Erweiterung von Efrat um das Neubaugebiet Givat Eitam am südlichen Ortsrand von Arṭās vor, was den israelischen Siedlungsring um Bethlehem im Süden schließen würde. Die Menschen in Artas fürchten diese Baumaßnahmen, weil sie wie viele andere Siedlungen auch sogar nach israelischem Recht illegal sind und das Leben in Artas und Umgebung noch komplizierter machen. Der Siedlungsbau in den von Israel besetzten Gebieten wurde vor Mitte 2023 aus dem Zuständigkeitsbereich des Militärs herausgelöst und an einen zivilen Minister übertragen - und zwar nicht an irgendwen, sondern den rechtsextremen Finanzminister und Siedler Bezalel Smotrich. Die ehemalige deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat bei ihren Besuchen in Israel wiederholt auf diese Tatsachen hingewiesen- von der Regierung Israels wurde sie dafür nur belächelt. Dies ist ein weiterer Grund, sämtliche Hilfen für diesen rechtsextrem regierten Staat sofort einzufrieren, bis eine gemäßigte Regierung die Osloer Verträge und Resulotionen der UN achtet.


Wichtige Links:

Quellenangabe:

Artas - Westjordanland
Artas - Westjordanland Interior der Klosterkirche - Foto: Wikimedia Commons - Autor: Bukvoed - Lizenz: s.u.


1.: Die Informationen zur Geschichte von Artas basieren auf dem Artikel Artas, Bethlehem (Stand vom 31.01.2025) und stammen aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und stehen unter der GNU-Lizenz [34 KB] für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.

Die Fotos aus der Wikimedia Commons "Artas Festival - Autor: Ibrahim Shahin" - "Kloster Hortus Conclusus im Artas Tal - Autor: Artas Folklore Center" werden unter den Bedingungen der Creative Commons "Attribution 2.0" „Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported“ Lizenz veröffentlicht.

Die Fotos aus der Wikimedia Commons "Eyecatcher: Artas; Artas (2019); Brücke zum Konvent Hortus Conclusus, Artas, Westjordanland; Landwirtschaftlich bearbeitete Flächen unterhalb des Konvents Hortus Conclusus, Artas, Westjordanland; Kirche des Klosters Hortus Conclusus, Artas, Westjordanland; Interior der Klosterkirche; (6 Fotos) - Autor: Bukvoed" - "Moschee von Artas - Autor: Jadallah Al-Hakim" stehen unter der Crative Commons Attribution-ShareAlike 4.0 International (CC BY-SA 4.0) Lizenz.


Fotos von Artas in der Umgebung von Bethlehem